Bild rechts: Fast ausnahmslos "Blech-Juristen" beim Autorechtstag 2017. Dialoge und Kompetenz, von der die BVfK-Mitglieder profitieren.
Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung: "Blickfang…aber nur auf den ersten Blick“
LG Paderborn: Neues zur Gesamtpreisangabe bei Blickfangwerbung
Das LG Paderborn hat mit seinem Urteil vom 06.09.2016 klargestellt, dass es wettbewerbswidrig ist, in Geschäftsraumen ausgestellte Möbelstücke mit einem Preis zu bewerben, der nicht der Endpreis für das Möbelstück mit der ausgestellten Ausstattung ist.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Möbelhändlerin eine Leder-Rundecke und einen zweitürigen Schwebetürenschrank ausgestellt und jeweils mit einem bestimmten Preis beworben.
Der Leder-Rundecke war ein Preisschild zugeordnet, wonach die aus 3Elementen bestehende Rundecke zu einem Gesamtpreis von 3.199,00 €, der Summe der für die Einzelelemente ebenfalls angegebenen Einzelpreise, ausgezeichnet war. Des Weiteren enthielt die Preisauszeichnung die Angabe: „Zubehör gegen Mehrpreis lieferbar.“ Auf der Rückseite des Preisschildes waren Mehrpreise für Ausstattungsvarianten der auf der Vorderseite aufgeführten Einzelelemente sowie für Zubehör wie Armlehnen, Sitztiefenverstellungen usw. angegeben, wobei neben die ausgestellte Rundecke auch mit den nicht in dem auf der Vorderseite angegebenen Gesamtpreis enthaltenen Armteilen und -lehnen ausgestellt war.
Zudem hatte die Möbelhändlerin einen ausgestellten zweitürigen Schwebetürenschrank auf einem mit „Preissensation“ überschriebenen Preisaushang mit einem Gesamtpreis von 999,00 € beworben. In dem Schrank, befanden sich besondere Ausstattungsmerkmale wie Hosenauszug, Kleiderlift, LED-Beleuchtung, Türen-Kollisionsdämpfer usw. weitere Preisschilder. Diese Ausstattungsmerkmale standen dem Käufer nach Wahl zur Verfügung und waren in dem auf dem Preisaushang ausgewiesenen Gesamtpreis von 999,00 € nicht enthalten.
Die Möbelhändlerin wurde zunächst außergerichtlich abgemahnt und aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Als diese einer solchen Aufforderung nicht nachkam, wurde sie von der Klägerin wegen Wettbewerbsverstößen verklagt.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben.
Nach Auffassung des Gerichts verstößt die Preisauszeichnung hinsichtlich der Leder-Rundecke gegen die Preisangabenverordnung (§ 1 Abs. 1. S. 1 PAngV). In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu:
„Danach hat, wer Verbrauchern geschäftsmäßig Waren anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise). Die Verpflichtung bezieht sich auf das konkrete Angebot vorliegend damit auf die ausgestellte Leder-Rundecke.. Die Kammer stellt lediglich auf die ausgestellte Leder-Rundecke als solche ab und auf die Erwartungshaltung, die der interessierte Verbraucher haben darf, wenn er sich für ihren Kauf interessiert.
Die Erwartung des Verbrauchers geht regelmäßig dahin, die Leder-Rundecke grundsätzlich in der Ausstattung, in der sie ausgestellt ist, zu den hierzu gemachten (Gesamt-)Preisangaben erwerben zu können.
Insoweit hat das OLG Hamm hinsichtlich der Blickfangwerbung eines Möbelhändlers mit einem vollständig ausgestatteten Bett entschieden, dass der interessierte Verbraucher erwarten kann, dass auch die ausgestellte Unterkonstruktion (z. B. Lattenrost) und die Matratze Bestandteil des Angebots sind, nicht allerdings reine Applikationen, wie z. B. das auf dem Angebot auch abgebildet gewesene Bettzeug. Für den Verbraucher sei klar, dass es sich hierbei lediglich um „Beiwerk“ handele, das nicht zum Angebotsumfang gehöre.
Um solches „Beiwerk“ handelt es sich bei den mit der ausgestellten Leder-Rundecke ausgestellten Armteilen und –lehnen indessen nicht. Es handelt sich vielmehr um Zubehör, das der Käufer zwar nicht benötigt und deshalb nicht notwendigerweise kaufen muss, das aber speziell für die ausgestellte Produktserie gefertigt worden ist und im Gegensatz zu Bettzeug anderswo von ihm kaum zu erwerben ist.“
Demgegenüber sieht die Kammer des LG in der Preisauszeichnung für den Schwebetürenschrank keinen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und somit kein Wettbewerbsverstoß.
Zwar beinhaltete die Preiswerbung des Schwebetürenschranks auch Zubehör, das nicht im Gesamtpreis enthalten war. Aber der maßgebliche Unterschied zu der Darstellung der Leder-Rundecke bestand nach Ansicht des Gerichts darin, was der Verbraucher auf den ersten Blick wahrnehmen konnte. Dazu das LG Paderborn:
„Der für den Schrank durch Preisaushang als „Preissensation“ angegebene Gesamtpreis umfasst nach der Erwartungshaltung des Verbrauchers den ausgestellten Schrank zunächst nur so, wie er ihn auf den ersten Blick sieht. Erst wenn er den Schrank öffnet, erfährt er durch zusätzliche Preisauszeichnungen an einzelnem Ausstattungszubehör, dass dieses in dem angegebenen Gesamtpreis nicht enthalten ist. Bei diesem Zubehör handelt es sich allerdings nicht um Zubehör, bei dem der Verbraucher keine Wahl hätte, ob er es kaufen will oder nicht. Es handelt sich nicht um Zubehör, welches er notwendigerweise benötigt oder welches bei einem Schwebetürenschrank erwartungsgemäß als zugehörig anzusehen ist. Der Verbraucher wird diesbezüglich auch nicht irregeführt, weil der Preisaushang keine Erwartung begründet, dass der Schrank mit eben diesem zusätzlichen Zubehör ausgestattet ist, und er in dem Augenblick, in dem er bei Öffnen des Schrankes erfährt, welches Zubehör der ausgestellte Schrank insgesamt aufweist, gleichzeitig erfährt, welches nicht notwendige Sonderzubehör zusätzlich zu bezahlen ist.“
(LG Paderborn, Urt. v. 20.09.2016, Az. 6 O 9/16)
BVfK Anmerkung:
Obwohl die Urteilsgründe sich vorliegend auf einen Möbelkauf beziehen, dürften die seitens des Gerichts getroffenen Feststellungen auch auf in Anzeigen beworbene Zusatzausstattung bei Kraftahrzeugen übertragbar sein. Laut Anmerkung des BVfK-Kooperationsanwalts Guido Bockamp wird daher der oft verwendete Zusatz „Abbildung zeigt aufpreispflichtige Zusatzausstattung“ künftig nicht mehr den rechtlichen Anforderungen an die Angebotskonkretisierungspflicht der Händler genügen.
Vielmehr dürfte sich nach Auffassung Bockamps „die Händler-Pflicht konkretisiert haben, dass der Wert der abgebildeten Sonderausstattung konkret anzugeben ist – sicherlich nicht nur bei Möbeln, sondern auch bei Autos.“
Obwohl die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils bislang noch nicht vorliegen, ist Fahrzeughändlern daher zukünftig anzuraten, auf oben stehenden Hinweis zu verzichten und die Sonderausstattung preislich genau zu beziffern.
Moritz Groß
BVfK-Rechtsabteilung
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